Reise

Island: Fähre oder Frachtschiff?

Inzwischen waren wir zum vierten Mal in Island. Zum vierten Mal mit dem eigenen Fahrzeug. 2019 haben wir uns getraut, den ArcticPanda vorab mit einem Frachtschiff auf die Reise zu geben. Dazu später mehr.

In 2015 waren wir mit unserem damaligen, frontgetriebenen VW T5.2 California Comfortline dort. Seinerzeit war uns außer dem üblichen Weg mit der Fähre kein anderer bekannt, also ging es fur uns auf hohe See. Das funktioniert so:

Fährfahrt auf der Norröna

Die Norröna ist das Fährschiff der färingischen Rederei Smyril. Es ist eines der größten Fährschiff der Welt und fasst 800 Fahrzeuge und 1.400 Passagiere. Sie fährt ab Hirtshals, der Nordspitze Dänemarks. Von hier aus geht es über die Färöer nach Seydesfjordur im Osten Islands. Die Fahrt dauert über vier Tage. Vier! Tage! Ja das ist krass und schon nach einem Tag weiß man nichts mehr auf diesem Schiff anzustellen. Man hat die Wahl zwischen teuren Kabinen und günstigen Liegeplätzen. Diese günstigen Liegeplätze, auch Couchettes genannt, sind aber wirklich nicht zu empfehlen, denn hier teilt man sich mit 9 Personen (!) eine offene Kabine mit 4,5 Quadratmetern. Hierbei liegt man Kopf an Fuß in drei Etagen. Heftig.

Ein großes Goodie hat die Norröna Passage aber: man kann einen Stopover auf den Färöern machen. Das Schiff fährt jede zweite Passage nämlich von den Färöern erst einmal zurück nach Dänemark. Bei Rückkehr zu den Färöern nach drei Tagen kann man dann wieder aufs Schiff und nach Island durchstarten. Wirklich lohnenswert und es wird ein eigener Artikel über die Färöer kommen.

Abgesehen davon, dass man pro Weg vier Tage auf hoher See, mit teils heftigen Seegängen ist, ist der Spaß auch ziemlich teuer. In 2019 kostet eine Hin- und Rückfahrt für zwei Personen mit einem Defender knapp 3.000 €.

In 2016, nachdem wir den frontgetriebenen California durch das gleiche Modell mit Allradantrieb ersetzt haben, sind wir erneut mit der Norröna nach Island gefahren. Alles wie gehabt.

Frachtverschiffung ab Rotterdam

Für 2019 haben wir uns aber nach einer Alternative umgesehen. Dabei sind wir auf eine neue Möglichkeit der selben Fährgesellschaft gestoßen, die uns sehr interessant vorkam: der Frachtverschiffung: Die MS Mykines fährt ab Rotterdam nach Porlaksöfn. Dieser kleine Fährhafen liegt südlich von Reykjavik im Westen Islands. Der Hafen ist nur ca. 80 KM von Keflavik, dem Flughafen, entfernt. Der Ablauf ist wie folgt: man gibt seinen Wagen spätestens eineinhalb Wochen vor der Passage im Hafen in Rotterdam ab. Dann braucht das Frachtschiff etwa eine Woche, bis er das Schätzchen in Island wieder ausspuckt. Es handelt sich um eine Roll-on-Roll-off Sache. Das bedeutet, dass der Wagen von Hafenarbeitern aufs Schiff und wieder herunter gefahren wird. Und ganz ehrlich: davor hatten wir am meisten Schiss. Sein Reisevehikel voll mit Kram für vier Wochen im Hafen in Rotterdam abzugeben, unverriegelt und mit steckendem Schlüssel? Krassomat! Aber vorweggenommen: es hat bei uns bei Hin- und Rückweg alles wunderbar geklappt. Keine Macke, keine fehlenden Teile, keine Verschmutzungen. Alles topp! Vorab haben wir mit unserer Versicherung zur Sicherheit besprochen, ob der ArcticPanda im Falle eines Falles versichert ist (es handelt sich schließlich um eine Frachtverschiffung ohne Versicherungsschutz durch die Rederei). Unsere Versicherung (Provinzial Vollkasko) hat uns dies bestätigt. Aber, wie gesagt, es gab nix zu reklamieren.

Wir selbst sind eineinhalb Wochen, nachdem wir den ArcticPanda in Rotterdam abgegeben haben, nach Keflavik geflogen und mussten dann nur noch die Strecke von Keflavik nach Porlaksöfn überwinden. …immerhin 80 KM. Aber das war wirklich ganz easy, denn in Island ist das trampen ganz üblich. In Keflavik an die Ringstraße gestellt, den Daumen ausgestreckt und nach etwa acht Sekunden hielt das erste Auto. Ein nettes, junges, isländisches Pärchen hat uns mitgenommen. Auf dem weichem Leder der Touareg Rückbank lauschten wir dem Klang des blubbernden Achtzylinders und unterhielten uns gut mit unseren neuen isländischen Freunden. Die haben uns sogar direkt bis ins Ziel gebracht. Auf dem Rückweg, nach Abgabe des ArcticPandas in Porlaksöfn lief es übrigens nahezu so. Nur etwas unbequemer auf der Ladefläche eines VW Caddys. Ging aber auch 😉

Die Vorteile dieser Frachtverschiffung?

  1. Es ist schnell! Der Urlaub beginnt nach einem 3,5 Stunden Flug, nicht nach einem Viertagesdesaster auf hoher See.
  2. Es ist günstig! Für den Defender hin und zurück gerade einmal 1.400 € (2019) und Flüge für uns beide etwa 700 € hin- und zurück.

Wir würden es jederzeit wieder so machen. Auch wenn der reizvolle Stopover auf den Färöern fehlt.

UPDATE 2020: Smyril langt inzwischen bei den Verschiffungspreisen mächtig drauf. Diese Saison kostet das Verschiffen etwa 500 € mehr als noch im letzten Jahr, Die Norröna Fähre ist inzwischen hingegen etwas günstiger geworden. Der Preisvorteil schmilzt so also etwas dahin.

UPDATE 2020 Teil 2: Wegen Corona wird die Norröna nur noch zu einem kleinen Teil ausgelastet und eine sonst teure Einzelkabine ist verpflichtend. Allerdings verreist gerade kaum jemand. Daher war die Fährfahrt mit Einzelkabine so günstig wie nie (850€ hin- und zurück). Daher war das die Wahl für 2020! Es war super entspannt, da nur sehr wenige andere Fahrzeuge und Fahrgäste am Start waren.

Ein Gedanke zu „Island: Fähre oder Frachtschiff?

  1. Die Rotterdam-Verschiffung ist eine interessante Alternative. Allerdings nur, wenn man nicht zu weit von Rotterdam entfernt wohnt oder eine gute Rückflugverbindung hat. Da denken wir das nächste mal drüber nach. Danke,
    Jochen

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